Typisch Noll
Dass ich ein Ingrid Noll Fan bin, sollte hier langsam bekannt sein. Bei ihren Büchern weiß man, was man bekommt: eine Frau, die für ihr Ziel alle Abgründe der Menschheit mitnimmt, und dabei für den Leser trotzdem immer noch als die Unschuld in Person herüberkommt.
In diesem Buch dreht sich alles um die 52jährige Rosemarie. Sie bezeichnet sich selbst als „alte Jungfer“. Doch plötzlich taucht der Mann ihrer Träume auf. Sie verliebt sich in ihn. Doch er hat eine Ehefrau und springt nicht wirklich auf die Liebesbezirzungen von Rosemarie an. Doch sie gibt einfach nicht auf…
Es ist ein typisches Noll Buch!!! Rosemarie tut wirklich alles, dass Witold sie liebt. Doch so recht ist ihm das nicht. Rosemarie wird zur Stalkerin, schleicht sich nachts um das Haus von Witold und drängt sich in sein Leben. Und typisch Noll: auch vor dem Morden schreckt Rosemarie nicht zurück. Im wahrsten Sinne des Wortes: sie geht über Leichen.
Noll schafft es auch hier, dass der Leser Rosemarie trotzdem nicht recht böse sein kann. Es ist nun einmal alles so passiert, kleine Taten der Charaktere bringen ungewollt viel Unglück für diejenigen und Rosemarie ist dabei immer mittendrin. Das alles nicht aufliegt? Tote können halt nicht sprechen.
Wenn man schon ein paar Noll Bücher gelesen hat, dann trifft man auch hier auf eine gewisse Erwartbarkeit. Auch während des Lesens kann man schon einige Dinge vorausahnen, die gleich passieren werden. Denn Noll zielt immer auf die tiefen Abgründe der Menschheit hab. Und das erwartet der Leser auch. Trotzdem ist irgendwann auch in dieser Story die Luft raus. Man wusste nicht so ganz, wo die Autorin mit der Protagonistin hin wollte. War es dann doch zu viele Morde zum Schluss? Es besteht bei solchen Büchern dann oft die Gefahr, dass sich vieles wiederholt. Rosemarie zeigt häufig auch die gleichen Muster. Rosemarie bleibt durchweg störrisch bei ihrem Vorhaben, Withold für sich zu haben. Doch er und auch die Freunde von den beiden scheinen es gar nicht zu bemerken. Und wenn doch, na dann ist es eh zu spät für sie.
Es ist ein leichtes Buch, leicht zu lesen (Suchtfaktor!), bei dem man bekommt was man erwartet. Typisch Noll halt.
Und erst später erfuhr ich von der Verbindung dieses Buches zu einem anderen Noll Buch: Die Apothekerin. Beide Protagonisten kennen sich. Rosemarie ist die Bettnachbarin von Hella Moormann, die Apothekerin, und bekommt deren Lebensgeschichte aus erster Hand erzählt. Für die Geschichten an sich muss man das jeweilige andere Buch nicht kennen. Aber es ist eine schöne Verbindung zwischen den zwei Büchern.
Wir sehen uns dann beim nächsten Noll Buch. Definitiv.
Ingrid Noll – Der Hahn ist tot
Diogenes Taschenbuch, 266 Seiten
4 Sterne (wegen der Erwartbarkeit)