Ein Experiment
Könnt ihr euch noch an die Anfänge der 2000er erinnern? Also da, wo die erste Staffel von Big Brother in Deutschland startete? Ich kann mich noch gut an die viele Kritik schon vor Staffelbeginn erinnern. Die Hauptkritik war damals, dass man keine Menschen (auch nicht freiwillig) einfach so einsperren könnte und dann noch schamlos dabei filmen und alles der Masse verfügbar machen. Heute kann man nur noch darüber lachen. Mittlerweile sind drölfzig Staffeln Big Brother in Deutschland gelaufen, zudem auch noch viele Ableger. Und keiner regt sich mehr über die Menschenwürde auf. Schon 1924 veröffentlichte David Garnett ein Buch, dass sich um genau diese Situation dreht: der eingesperrte Mensch.
John Cromartie und Josephine Lackett, ein schwerverliebtes Pärchen besuchen den Zoo in London. Doch dann fangen die beiden an zu streiten. John möchte Josephine zeigen, wie sehr er sie liebt. Und zieht als Beweis in den Zoo. Ins Affenhaus….
Okay, okay. Die Story ist an sich schnell erzählt (ist ja auch ein kurzes Buch). Unser Protagonist John Cromartie geht einfach so zum Zoodirektor, schließt einen Vertrag ab und bekommt ein „Zimmer“ im Affenhaus. Mit viel Publikumsverkehr und wenig Abwechslung.
Eigentlich klingt das ja doch ganz schön spannend. Und das zu einer Zeit ohne dem ganzen heutigen Entertainmentprogramm. Und noch dazu vom Autor David Garnett, der auch hier wieder diesen zynisch lustigen Ton an den Tag legte, wie schon bei „Dame zu Fuchs“. Doch dort funktionierte das ganze ungewöhnliche Szenario weitaus besser.
Denn hier war es eher eine Liebesschmonzette. Liebt sie mich? Liebt sie mich nicht? Liebt er mich? Liebt er mich nicht mehr? Im Endeffekt waren es nur ein gewöhnliches Hin und Her zwischen zwei sehr schwer verliebten Personen, die sich nicht sehen, bestärkt durch einige Missverständnisse und Missinterpretationen. Auf der Strecke blieb der ganze Aspekt des Einsperrens in den Zoo. Obwohl das ja auch schon sehr schwammig durchgeführt wurde. Aber dieser Aspekt der freiwilligen Gefangenschaft mit all den Gefühlen und Gedanken blieb durchgängig außen vor.
Natürlich werden Szenen zwischen John Cromartie und seinen Zoonachbarn erzählt. Aber nie so, dass seine Gedanken zur Gefangenschaft an sich in Frage gestellt wurden. Denn Cromarties Gedanken sind durchgehend bei seiner Josephine.
Auch bei der Kürze des Buches wird dieses unendliche Hin und Her sehr schnell nervig und führt nichts in der Story voran. Der Ausgang des Buches ist dann doch sehr langweilig und doch ein Segen für den Leser, dass sich das Hin und Her auflöst.
Zusammenfassend kann man nur darüber schmunzeln, dass schon zu so einer Zeit ein Buch mit diesem Aspekt der freiwilligen Gefangenschaft im Zoo geschrieben wurde. Doch leider ging es wohl damals nur um den Situationszustand und nie um de Situation an sich. So bleibt es doch eine unscheinbare Liebesgeschichte mit Hang zur Selbstkasteiung.
David Garnett – Mann im Zoo
Btb Verlag
155 Seiten
2 Sterne