Starke Frauen
Ich liebe starke Frauen in Büchern. Ob es nun Hannahs Töchter sind oder Nicht ohne meine Tochter. Immer muss zwischen den Geschlechtern getrennt werden. Und immer hat man das Gefühl, als Frau benachteiligt zu sein. So auch in diesem Buch hier:
In dem Buch dreht sich alles um drei Frauen in den Südstaaten der USA Ende des 19. Jahrhunderts. Da gibt es die reiche Baumwollfarmbesitzerin Annie, die irgendwie ihre zerüttete Familie wieder zusammenzubringen. Dann deren schwarze Haushälterin Oretta, die sich aller Probleme annimmt und Gertrude, eine bitterarme Frau mit vier jungen Mädchen, die ums überleben kämpfen. Was diese drei miteinander verbindet? Sie kämpfen für sich und ihre Familie. Und für Gerechtigkeit.
Das Buch erscheint nach dem Titel und Klappentext wie eine Südstaatenliebesromanze. Ist es aber weiten nicht. Klar kommt die Liebe in diesem Buch vor. Aber eher in der Liebe zur Familie und sehr viel Nächstenliebe.
Vor allem Oretta, in erster Generation von der Sklaverei befreit, hilft alles und jeden. Natürlich begründet sie dies in ihrem starken Glauben. Doch sie hilft stur der hilflosen Gertrude und Annie. Auch über jegliche Konventionen hinweg. Denn, auch wenn sie die Sklaverei nicht miterlebt hat, so spaltet dieses Thema sogar bis heute die Gesellschaft. Oretta tritt dagegen an, stur und geradlinig. Trotz aller Zweifel und Schicksale, die auch sie zu erleiden hatte.
Annie, die große Plantagenbesitzerin strebt der neuen Zeit von Autos und automatisierten Fabriken entgegen. Ganz zum Entsetzen des herrschenden Ehemannes. Warum die zwei Töchter nicht mehr mit den beiden sprechen und ein Sohn sich sogar im Alter von 12 Jahren das Leben nahm, hat natürlich seine Gründe. Diese muss sich Annie stellen. Leider wird dabei das typische Klischee der Frau genommen: schwach, unterwürfig, schweigen. Das Tal des Leidens durchgeht sie ziemlich lang und ist zum Teil auch sehr langweilig. Da glänzen dann eher Oretta und Gertrude, die sich um Annie kümmern und versuchen, dass die Dame wieder auf die Beine kommt.
Gertrude ist die bitterärmste der drei Frauen. Für ihre Töchter geht sie im wahrsten Sinne über Leichen. Und so kommt auch der Buchtitel zustande. Eine Alligatorweibchen verteidigt das eigene Jungtier bis auf das Blut. Und im Endeffekt tut Gertrude nichts anderes. Natürlich kann man sich streiten, ob sie alles richtig macht bei ihren Töchtern. Aber die Not treibt sie aus der einsamen Hütte im Sumpf hinaus in die Gesellschaft und in die Näherei von Annie.
Alle drei Frauen leben selbstbestimmend und lassen sich von ihren Männern nichts sagen. Orettas Mann bricht hierbei das Klischee des herrschenden und prügelnden Ehemannes. Er kann Oretta verstehen, und wenn dann doch nicht, bleibt er trotzdem an ihrer Seite und hilft. Alle drei sind stark und emanzipiert, ohne es sich bewusst zu sein. Denn alle drei handeln aus purer Not. Und nach dem Wunsch nach Freiheit und Frieden.
Leider gibt es doch noch einen kleinen Kritikpunkt. Das Thema Geister. Denn den Frauen erscheinen Geister der verstorbenen Angehörigen. Meist aus Rachegründen. D.h. die Toten wollen Rache an den Lebenden. Irgendwie passt dieses Übersinnliche absolut nicht in das Buch. Eigentlich sollte es um die drei Frauen in einer sehr männlich geprägten Gesellschaft gehen. Und dann kommen die Toten und bringen die Frauen in Angstzustände. Es ist mir schon klar, dass auch zu dieser Zeit der Glaube an Geister noch enorm hoch war. Aber dass die Geister mit den Lebenden auch noch kommunizieren und Aktionen auslösen, muss nun nicht unbedingt sein. Das war mehr als nur purer Aberglaube.
Trotzdem ist dieses Buch eine klare Empfehlung wert. Wer sich von den Geistern nicht stören lässt, erhält hier ein wunderbares Werk über drei starke Frauen. Bitte mehr solche Bücher!!!!
4,5 Sterne
Deb Spera – Alligatoren
Harper Collins
429 Seiten