Charlotte Roche – Feuchtgebiete

Gepostet von

Viel Provokation, wenig Story, doch gut gemeint

Das (Hör-)Buch: Helen liegt im Krankenhaus. Sie lässt sich ein großes Hämorride am Allerwertesten entfernen. Und während ihres Aufenthaltes erzählt sie munter von Erlebnissen, die für sie normal erscheinen, für andere eher eklig. Aber dabei verfolgt sie doch nur ein Ziel: geliebt zu werden. Vor allem von ihren Eltern. Und diese sollen sich gefälligst wieder zusammenraufen. Und das geht natürlich nur, wenn Helene bemitleidenswert im Krankenhaus liegt.

img_2163

Das Fazit: Bei diesem Buch kann man nur mit Vorurteilen starten, oder? So wie dieses Buch damals durch alle Medien zog, wollte ich es gar nicht lesen. Und diverse Meinungen aus meinem Freundeskreis hielten mich lange davon ab. Aber sei es drum: bei Hörbüchern wage ich gerne mal Experimente. Und so habe ich mich doch endlich an dieses Werk getraut.

Und ja, die Vorurteile stimmen schon. Es ist eklig. Für mich aber an weit weniger Stellen im Buch als überall propagiert. Denn da fängt das Dilemma schon an: unsere Protagonistin ist anders. Sehr anders. Zum Teil durch eine zerrüttete Kindheit, wo sich niemand wirklich um sie gekümmert hat. Stets als Außenseiter mit viel Fantasie blieb nur die Entdeckung ihres eigenen Körpers übrig. Und irgendwie konnte ich Helen durchaus verstehen. Für sie beschreibt sie ganz normale Dinge. Und ich denke schon, dass das genau das ist, warum viele Frau Roche nicht verstanden. All diese Dinge passen zu Helen. Und irgendwie waren die Dinge alle normal. Vor allem aber menschlich. In der heutigen Zeit wird sehr schnell etwas als eklig empfunden. Sei es außerhalb der Norm oder ein Tabuthema. Und damit spielt die Autorin. Denn sie weiß, wie man Menschen einen Blick außerhalb der Komfortzone lockt. Das hat sie ja schon vorher in ihren TV-Sendungen bewiesen.

Doch was ist nun mit der Story? Tja. Daran scheitert dieses Buch. Im Grunde gibt es kaum eine Geschichte. Der rote Faden ist der Krankenhausaufenthalt. Und das war noch das Spannendste. Denn da agiert Helen live, immer in Gedanken, wie sie ihre Eltern wieder zusammenbringen könnte. Auf einige der vielen Rückblicke hätte man durchaus verzichten können. Da merkte man schon, das eine gewisse Provokation der Autorin gewollt war. Aber sei es drum: Im Endeffekt ist Helen ein armes Ding. Verzweifelt und mit allen Mitteln kämpft sie um die Liebe ihrer Eltern. Und das gibt dem Buch doch noch einen traurigen Touch und gibt eine Mahnung an die Eltern von Scheidungskindern.

Zu der Hörbuchfassung gibt es noch eine Ergänzung: die Autorin las dieses Buch selbst. Ein großer Fehler! Von der ersten Minute an merkt man, dass Frau Roche einfach nicht vorlesen kann. Alles klingt monoton. Ohne Betonung. Als könnte sie nur einen Tonlaut von sich geben.

Zusammenfassend ist es doch ein Buch für Menschen, die sich nicht allzu schnell vor dem eigenen Körper ekeln. Leider gibt die Geschichte nur wenig her. Doch wer ein paar Tage mehr oder minder freiwilligen Krankenhausaufenthalt mit süßem Pfleger und Mission Elternliebe lesen möchte, findet hier das Buch dazu. Von der Hörbuchversion würde ich aber eher abraten.

2 – 3 Sterne

DuMont Buchverlag – 220 Seiten (Broschiert) – 14,90€

ISBN: 978-3-8321-8057-7

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..